Fassungsloser Kittel über Preidler und Co.: „Mit meinem Latein am Ende“
Sieben Monate war es ruhig auf der Webseite von Marcel Kittel. Nun meldete sich der Katusha-Alpecin-Profi dort wieder einmal zu Wort – und das sehr ausführlich deutlich und zu einem unschönen Anlass.
Grund für Kittels mediale Rückkehr: Die Enthüllungen im Doping-Skandal um den Erfurter Sportmediziner Mark S. in seiner thüringischen Heimat sowie das Geständnis seines einstigen Teamkollegen Georg Preidler im Zuge der „Operation Aderlass“. Mit Preidler fuhr Kittel gemeinsam beim Sunweb-Vorgänger-Team Giant-Alpecin.
„Mit meinem Latein am Ende“
„Ich bin persönlich mit meinem Latein am Ende. Nicht nur, weil Georg drei Jahre mein Teamkollege gewesen ist, sondern vor allem auch, weil das ganze Dopingnetzwerk mit einem Arzt aus meiner Heimatstadt Erfurt seinen Ursprung in Thüringen hat“, schreibt der mittlerweile in der Schweiz lebende Kittel in dem Statement. Preidler hatte in Folge der Dopingrazzien bei der Nordischen Ski-WM in Seefeld und in dem Haus von Marc S. in Erfurt eine Selbstanzeige gestellt und zugegeben, in der Erfurter Praxis des Sportmediziners sein Blut für eine Transfusion gelagert zu haben. Dieses habe er aber nicht rückgeführt.
„Mit Fassungslosigkeit habe ich die letzten Tage aus Dubai verfolgt, wie immer mehr Details ans Licht kamen über das Netzwerk“, meinte der gebürtige Arnstädter Kittel weiter und ergänzte: „Und wie Erfurt und Thüringen auf einmal als eine Zentrale des internationalen Sportbetrugs dargestellt werden.“ Kittel vermutet, dass dies noch lange nicht das Ende der negativen Nachrichten sein wird und mutmaßte, dass „die nächsten Tage sicherlich weitere neue Namen und Details öffentlich werden“.
Bei der Verfolgung und Verurteilung fordet Kittel, auch aufgrund des neuen Anti-Doping-Gesetztes, null Toleranz: „Die Härte des Gesetzes und polizeiliche Ermittlungsmethoden sind nötig gegen diese Art von krimineller Energie der Hintermänner und Sportler und um die ehrlichen Menschen zu schützen.“
Harte Kritik am LSB Thüringen
Besonders schlimm für den 14-maligen Tour-de-France-Etappensieger ist zudem, dass die Praxis des Sportmediziners zugleich eine Lizenz als sportmedizinische Untersuchungsstelle des Landes-Sport-Bundes Thüringen besaß. Dies sei besonders schlimm „für viele junge Nachwuchssportler war, die sich dort checken und gegen Krankheit behandeln lassen haben und die jetzt auch in einem schlechten Licht stehen, obwohl sie keine bösen Absichten hatten“, schreibt Kittel. Die Lizenz wurde S. mittlerweile entzogen.
Auch vermisst Kittel die Vorbildfunktion von Sportfunktionären und geht mit diesen hart ins Gericht. „Wenn ich das Treiben mancher Sportfunktionäre, die Schmiergeldzahlungen an große Sportverbände und den Werteverfall bei den Olympischen Spiele sehe, die eigentlich mit gutem Beispiel voran gehen sollten, dann muss man sich nicht wundern, wenn es immer wieder Athleten gibt, die auch betrügen“, schrieb Kittel. Doch schränkte der Sprinter auch ein und plädierte dazu sowohl Sportlern auch, „Funktionäre oder Verbände über einen Kamm scheren, denn ich glaube die Mehrheit engagiert sich für sauberen Sport. „Aber der Fisch stinkt eben doch auch immer vom Kopf her. Und das ist ein Schlag ins Gesicht aller sauberen Sportler wie mich, der Sportfans und aller leidenschaftlichen ehrenamtlichen Trainer, Betreuer und Helfer an der Basis wie jetzt in Erfurt, die sich mit viel Herzblut und Motivation um den Sport kümmern.“
Foto: Clara Margais