Radler „vs.“ Autofahrer: Bitte wieder miteinander statt gegeneinander

Traum eines jeden Rennradfahreres: Verlassene Straßen - hier auf Mallorca.

Nein – der 22. Mai 2017 war kein schöner Tag für Freunde des Sports, vor allem nicht für die des Radsports. Mit der deutschen Triathletin Julia Viellehner und dem US-amerikanischen Ex-Motorrad-Weltmeister Nicky Hayden erlagen gleich zwei Profi-Sportler in der Maurizio-Bufalini-Klinik im italienischen Cesena ihren Verletzungen, die sie sich bei Unfällen auf dem Rennrad zugezogen hatten.

Die 31 Jahre alte Viellehner wurde auf einer kurvenreichen Straße in den Apenninen von einem überholenden LKW erfasst. Der vier Jahre ältere Hayden wurde bei einem Zusammenprall mit einem PKW auf die Windschutzscheibe des Autos und anschließend wieder auf den Asphalt geschleudert. Beide erlagen schließlich ihren Verletzungen und erweitern die Liste mit teilweise folgenschweren Zusammenstößen zwischen Rad- und Autofahrern.

Am 22. April kam der Italiener und ehemalige Giro-Sieger Michele Scarponi bei einer Trainingsausfahrt ums Leben. Der 37-Jährige aus dem Team Astana wurde unweit seines Hauses in Filottrano von einem Kleinlaster überfahren und erlag noch auf dem Weg zum Krankenhaus seinen Verletzungen.

Vor zwei Wochen wurde der dreifache und amtierende Tour-de-France-Sieger Chris Froome (Sky) während einer Trainingsausfahrt an der Cote d`Azur von einem Auto nach eigenen Angaben vorsätzlich angefahren. Die Rennmaschine des 31-jährigen Briten war danach Schrott, Froome kam mit einem Schrecken und ein paar Schürfwunden davon.

Kittel: „Schwer zu verstehen“

„Schwer zu verstehen, dass jemand mit 350 km/h in einem Rennauto oder jemand mit 100 km/h auf einer Abfahrt mit dem Rad sicherer ist als auf einer öffentlichen Straße“, twitterte Topsprinter Marcel Kittel (Quick-Step Floors) nach Bekanntwerden der tragischen Tode von Viellehner und Hayden.

Zumindest bei Hayden scheint die „Schuldfrage“ nicht eindeutig geklärt. Medienberichten zufolge prüfe die Staatsanwaltschaft, ob Hayden vor dem Unfall ein Stopp-Schild missachtet habe. Zudem werde untersucht, ob der Autofahrer, ein 30-jähriger Italiener, mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr. Auch von Hobbyradlern häufen sich die, teilweise durch Youtube-Videos belegten, unschönen und oft lebensgefährlichen Vorfälle zwischen Rad- und Autofahrern.

Müßige Diskussion: Wer ist schlimmer?

In den Kommentarspalten der sozialen Medien entfacht schon seit geraumer Zeit eine teilweise unsägliche Diskussion: „Rad- oder Autofahrer, wer ist schlimmer, wer hat Schuld?“ – leider nicht immer auf sehr sachlicher Ebene, leider nicht immer objektiv, meist sehr emotional, oftmals beleidigend und meist im gleichen Duktus: Radfahrer schieben den rücksichtslosen Autofahrern den Schwarzen Peter zu, Autofahrer den Zweiradlern.

Als leidenschaftlicher Rennradfahrer habe auch ich bei diversen Ausfahrten auf öffentlichen Straßen schon viele brenzliger Situationen zwischen Auto- und Velo-Fahrer erlebt – so auch gestern, am 22. Mai 2017, als bei einer Abfahrt im südhessischen Odenwald ein entgegenkommender Autofahrer meinte, noch einen anderen PKW bergauf überholen zu müssen.

Dass ich, geschätzte 500 Meter entfernt, mit knapp 60 Sachen (70 km/h waren erlaubt) schneller mich nähern würde als angenommen, hatte der junge Mann wohl nicht ganz auf dem Zettel. Dank guter Bremsbeläge und kühlen Kopfes konnte eine Kollision und somit größeres Unheil um wenige Meter noch abgewandt werden. Ich kam mit dem Schrecken davon – der Autofahrer hoffentlich auch.

Doch auch ich habe mich gewiss nicht immer völlig korrekt im Sinne der Straßenverkehrsordnung verhalten – und mir völlig zu Recht den Unmut oder die Hupe eines aufgebrachten Autofahrers zugezogen. Wer als Radfahrer frei von solchen Verfehlungen ist, werfe den ersten Stein – sowohl auf dem Rennrad, als auch im normalen Straßen- bzw. Stadtverkehr. Gerade in meiner Wahlheimat Berlin erlebe ich zu oft, dass Radfahrer durch rücksichtslose Fahrweise Autofahrer in brenzlige Situationen bringen – natürlich auch umgekehrt. Ohne pauschalisieren zu wollen: Beide Parteien müssen sich an die eigene Nase packen!

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Letztlich ist der Radfahrer immer derjenige, der den „Kampf“ gegen das Auto verlieren wird. Aber muss dieser „Krieg“ auf der Straße wirklich sein? Es bleibt wohl ein frommer Wunsch, dass aus dem Gegeneinander mehr ein respektvolles Miteinander wird und man als Radfahrer wieder mit etwas weniger Angst, gleichsam aber auch mit dem entsprechender Fahrweise auf sein Velo steigen kann. Mein Glaube daran ist ehrlicherweise ziemlich gering – aber es ist ja die Hoffnung, die bekanntlich immer zuletzt stirbt.

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