Torris falscher Weg

Foto: Bernd SchweickardMit seinem Ruf nach der Freigabe von Doping hat sich Italiens Dopingjäger Ettore Torri Unmut allerorts zugezogen.

„Gebt Doping frei“, postulierte der Vorsitzende der italienischen Anti-Doping-Kommission (CONI) sinngemäß Mitte dieser Woche in einem Interview. Wohl schiere Verzweiflung hat den sonst so emsig gegen den unerlaubten Medikamenteneinsatz kämpfenden Torri zu diese Forderung veranlasst.

Der 78-jährige Torri ließ in einem Interview mit der renommierten Gazzetta dello Sport durchblicken, dass er kaum eine Chance auf einen sauberen Radsport sieht. Aussichtslos sei der Kampf gegen den Einsatz von leistungssteigernden Mittelchen – alle Radprofis ohnehin gedopt. Das Echo der Radprofis, Verbänden und Teams ließ nicht lange auf sich warten und Torri wurde schnell zum Buhmann auserkoren, einige Profis kündigten bereits rechtliche Schritte wegen Rufmordes gegen den CONI-Vorsteher an.

„Sämtliche Radprofis, die ich vernommen habe, haben es mir bestätigt: Alle Radfahrer nehmen verbotene Substanzen ein. Wäre Doping nicht gesundheitsgefährdend, sollte es liberalisiert werden. Ich glaube nicht, dass Doping bekämpft werden kann.“

Ettore Torri in der Gazzetta dello Sport

So richtig übel nehmen kann man Torri diese Äußerungen sicher nicht. Allein fünf radelende Männer – darunter Tour-de-France-Sieger Alberto Contador – sowie eine Frau wurden in den vergangenen sieben Tagen des unerlaubten Medikamenteneinsatzes überführt. Dass der Radsport weiter ein massives Dopingproblem hat, ist unbestritten. Deswegen jedoch einen pauschalen Generalverdacht auszusprechen und alle Pedaleure über einen Kamm zu scheren verbietet sich jedoch.

Doch dieses Problem hat nicht nur der Radsport, sondern der (Profi-)Sport im Allgemeinen. Bei einigen Sportarten wird strenger kontrolliert, bei einigen Anderen nimmt es nicht so eng. Wenig geschickt präsentierte sich in diesem Zusammenhang (wieder einmal) der internationale Radsportverband UCI, dem es am liebsten gewesen wäre, der Fall „Alberto Contador“ sei nie ans Tageslicht gekommen. Doch Gott sei Dank flog der angedachte Kuhhandel zwischen dem dreimaligen Tour-Sieger und dem internationalen Dachverband der Radprofis auf.

Wie dem auch sei: Sauberer (Rad-)Sport ist und bleibt eine Illusion. Solange es um Geld, Ruhm, Anerkennung und Macht geht, wird weiter betrogen werden. Das ist in der Wirtschaft nicht anders und der Sport stellt nun mal keine Insel der Glückseligen dar. Deshalb aber jene Sportler unter Generalverdacht zu stellen, die ihren Sport noch ohne die Zufuhr verbotener Mittel ausüben, ist genauso wenig zulässig.

Und nicht zu vergessen sei auch: Jeder überführter Fahrer ist ein Schlag ins Gesicht für die sonst so faszinierende Sportart auf zwei Rädern und für die Pedaleure, die sauber unterwegs sind. Aber gleichzeitig ist jeder Dopingsünder auch ein Zeichen, dass zumindest die Kontrollen (teilweise) greifen.

Foto: Bernd Schweickard

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