Dunkle Wolken über dem Giro

Nicht alles was rosa ist glänzt auch - Foto: Paul EmmetWenn am Samstag (8. Mai) im niederländischen Amsterdam die 93. Ausgabe des Giro d’Italia gestartet wird, werden (mal wieder) dunkle Wolken den rosa Glanz des Rennens trüben.

Es ist mal wieder mächtig Bewegung in Sachen Doping in der schon arg gebeutelten Radsportwelt. Allein sieben Fahrer wurden im Laufe der vergangenen drei Wochen vom Radsportweltverband UCI suspendiert. Die Vorzeichen für den Start der ersten großen Landesrundfahrt im Jahr 2010 könnten durchaus besser stehen.

Der Italiener Mattia Gavazzi (Colnago), der Schweizer Thomas Frei (BMC Racing), der Chinese Li Fuyu (RadioShack) sowie der Spanier Manuel Vazquez (Andalucia) machten den Anfang, mit dem Slowenen Tadej Valjavec (Ag2r) sowie dem Italiener Franco Pellizotti und dem Spanier Jesús Rosendo (Andalucia) schloss der Weltverband am gestrigen Montag drei weitere Fahrer aus, weil deren Blutprofile seit längerer Zeit verdächtige Unregelmäßigkeiten aufwiesen. Mit Liquigas-Profi Pellizotti ging dabei mit dem Bergkönig der Tour de France und Gesamtdritten des Giro d’Italia des vergangenen Jahres ein vermeintlich dicker Fisch ins Netz.

Biologischer Pass greift langsam

Der 2007 von der UCI ins Leben gerufene – und anfangs milde belächelte – Biologische Pass zeigt langsam aber sicher seine Wirkung. Bereits im Vorjahr sprach der Weltverband Fahrverbote aufgrund von Unregelmäßigkeiten in den Blutpässen gegen die Spanier Igor Astarloa, Ruben Lobato und Ricardo Serrano sowie die Italiener Pietro Caucchioli und Francesco De Bonis. Der ehemalige Gerolsteiner-Fahrer de Bonis sollte wenige Monate später beim Giro d’Italia dann auch tatsächlich des Dopings mit dem EPO-Nachfolgers CERA überführt werden.

Lückenhaftes Kontrollsystem

Blut- und Hormonprofile von über 800 Profis hat die UCI seit 2007 gesammelt und erfasst, gravierende Abweichungen gelten als Doping-Indiz. Immer größere Bedeutung gewinnt der indirekte Betrugsnachweis dadurch, da der direkte Nachweis verbotener Substanzen immer schwieriger erscheint.

Diese These unterstreicht die Aussage des überführten und inzwischen geständigen Dopingsünders Thomas Frei, der angab, nur durch eigene Unzulässigkeit des EPO-Dopings überführt worden zu sein. Der Eidgenosse habe lediglich versäumt, genug Wasser zu sich zu nehmen, ehe die Kontrolleure morgens um 6 Uhr klingelten. „Ansonsten würde ich mich jetzt auf den Giro d“Italia vorbereiten“, so der 25-Jährige auf einer Pressekonferenz.

Vor Frei hatte bereits der ebenfalls überführte Dopingsünder Bernard Kohl aus Österreich von massiven Lücken im Kontrollsystem berichtet: „Bei mir waren es 200 Kontrollen, und 198 gingen den Bach runter“, so der abgestürzte Bergkönig der Frankreich-Rundfahrt 2008.

Aldag lobt den Radsport

Ein gutes Zeugnis im Anti-Doping-Kampf stellte der geständige, aber niemals überführte Dopingsünder Rolf Aldag dem Radsport aus. „Der Radsport leistet im Kampf gegen Doping am meisten“, gab der Sportliche Leiter der US-Equipe HTC-Columbia der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung am Rande des hessischen Radklassikers Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt zu Protokoll.

Der Westfale lobte dabei das Blutpass-Programm der UCI und sieht den Radsport in seinen Bemühungen gegen Doping anderen Sportarten „zwei Schritte voraus.“ „Das Kontrollsystem ist sehr viel besser geworden, und jeder, der sich heute für Doping entscheidet und erwischt wird, muss die Konsequenzen tragen“, so der ehemalige Telekom-Profi weiter.

Die Ende der Fahnenstange scheint in Sachen unerlaubter Leistungsmanipulation noch lange nicht erreicht, glaubt man den Aussagen von Francesca Rossi, der UCI-Anti-Doping-Beauftragten: „Wir werden neue Fälle haben, aber ich kann Ihnen nicht den Zeitpunkt nennen. Man weiß nie wann“, sagte Rossi in einem Interview der Nachrichtenagentur ap.

Vorjahrespodium immer leerer

Vom Podium der Italien-Rundfahrt 2009 bleibt nach dem Wegfall von Pellizotti einzig Gesamtsieger Denis Menchov übrig. Der ursprüngliche Gesamtzweite Danilo Di Luca wurde bereits im Vorjahr des CERA-Doping überführt, nun folgt mit Pellizotti der Dritte der Endabrechnung der 92. Giro-Auflage, auch wenn dieser Doping vehement bestreitet.

Doch auch auf Menchov könnte in Sachen Doping noch Ungemach drohen: Der russische Rabobank-Profi soll Kunde der Wiener Blutbank Humanplasma gewesen sein, es gilt aufgrund laufender Ermittlungen jedoch die Unschuldsvermutung. In Amsterdam wird der Vorjahressieger dieses Jahr nicht an den Start gehen, seine Konzentration gilt in diesem Jahr ganz der Tour de France.

Dass das größte Radsportspektakel nach der Frankreich-Rundfahrt eine saubere Angelegenheit wird, erscheint mehr als zweifelhaft. Mit der Rekordzahl von 520 Dopingkontrollen möchte Giro-Chef Angelo Zomegnan zumindest nichts unversucht lassen, potentieller Betrüger zu überführen.

Foto: Paul Emmet

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