Einen Schlussstrich gezogen

Vom CAS zwei Jahre gesperrt: Jan Ullrich - Foto: Rene SchwietzkeSeit gestern ist nun offiziell, was alle Sportfans und Journalisten sowie schon immer meinten gewusst zu haben: Jan Ullrich hat gedopt!

Seit gestern ist auch offiziell, dass der im Jahr 1997 zum deutschen Sporthelden aufgestiegene Rostocker häufigeren Kontakt zu dem spanischen Blutpanscher Eufemiano Fuentes hatte. Dass außer Ullrich noch weitaus mehr Sportler sich den unlauteren Behandlungsmethoden des Mediziners aus Madrid bedienten, geht in den meisten Kommentaren zu diesem Thema unter. Das soll nicht als eine Entschuldigung für Ullrich gelten, sollte aber auch nicht ganz unerwähnt bleiben.

Knapp 200 Sportler sollen sich in der Kundendatei des Mediziners befunden haben, neben Radprofis auch zahlreiche Tennisspieler, Leichtathleten, Boxer und Fußballprofis. Bei den in Fuentes Anwesen sichergestellten Dokumenten tauchten unter anderem auch mit einem bekannten Dopingcode versehen Trainingspläne auf. Empfänger: die renommierten spanischen Fußballclubs Real Madrid und FC Barcelona. Wie von Geisterhand verschwanden alle diese Namen und Dokumente in den Papierkörben der spanischen Ermittlungsbehörden.

Nur der Hartnäckigkeit der Tour-de-France-Organisatoren war es letztlich zu verdanken, dass zumindest die Liste der verdächtigen Radprofis öffentlich und von Tag zu Tag länger wurde. Sportgerichtlich verurteilt wurden wegen der Verbindung zu Fuentes neben Ullrich lediglich die beiden Italiener Ivan Basso und Michele Scarponi, der Spanier Alejandro Valverde sowie der Ansbacher Jörg Jaksche. Letzterer nutzte die Chance zugleich, ein umfassendes Dopinggeständnis abzulegen. Alle anderen schwiegen! Jaksche, der detailliert Roß, Reiter und Geflogenheiten des „Systems Profiradsport“ nannte, war von da an eine „persona non grata“ im Peleton.

Man kann Ullrich zum Vorwurf machen, diese Chance, Doping zu gestehen, nie genutzt zu haben. Man mag auch sagen, Ullrich hat gelogen. Seine ehemaligen Teamkollegen Erik Zabel und Rolf Aldag haben Doping gestanden. Beide besitzen heute verantwortungsvolle Posten im Radsportzirkus. Man hätte es auch oder gerade Ullrich verziehen, da er nur das tat, was ein Großteil seiner Kollegen auch tat. Er hat es nicht getan, das ist schade, aber in gewisser Hinsicht auch verständlich.

„Ich habe niemanden betrogen“ hat Ullrich einmal gesagt. Doch, mag man sagen, das hat er. Vor allem die Jugendlichen, die in Ullrich einen sauberen Sportsmann wähnten und ihm nacheiferten, in Team-Telekom-Trikots über die Straßen fuhren und den Rotschopf zu ihrem Idol und Vorbild auserkoren. Wer zwischen den Zeilen der Ullrich-Erklärung lesen kann, der weiß, was Ullrich der deutschen Öffentlichkeit sagen will – dazu bedarf es kein Bekenntnis der Marke: „Ja, ich habe gedopt!“ „Ich ziehe hiermit einen Schlussstrich“, heißt es in Ullrichs Erklärung. Das ist zu akzeptieren, auch wenn viele Fragen unbeantwortet bleiben.

Foto: Rene Schwietzke

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