AFLD testet nach – Peleton zittert – Kohl außer sich

Bernhard Kohl bei der Deutschland-Tour 2008 - Foto: Christoph SicarsDer Profi-Radsport droht durch neue Dopingenthüllungen in seinen Grundfesten weiter erschüttert zu werden und den letzten Funken an Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Medienberichte zufolge hat die französische Anti-Doping-Agentur AFLD vor wenigen Tagen damit begonnen, Dopingproben der Tour de France 2008 nachzutesten. Für viele prominente Pedaleure dürften unruhige Tage und Nächte angebrochen sein. Nach Aussage von Pierre Verdy, Kontrolldirektor der AFLD, exisitiert eine Liste von 40 Fahrern, denen die Untersuchungen nachträglich zum Verhängnis werden könnten. Die Liste wurde auch dem Österreicher Bernhard Kohl bei einem Treffen mit verschiedenen AFLD-Funktionären vorgelegt. „In ein bis zwei Wochen werden wir Resultate mitteilen können“, sagte Verdy der österreichischen Zeitung Kurier.

Kohl „außer sich“

„Als ich diese Liste gesehen habe, war ich außer mir“, sagte der geständige Dopingsünder Kohl darauf dem Kurier. Verdy bestätigte inzwischen, Kohl die verhängnisvolle Liste gezeigt zu haben. Der ehemalige Gerolsteiner-Profi Kohl kooperiert nach seinem umfassenden Dopinggeständnis mit verschiedenen Organisationen im Kampf gegen Doping.

Kohl wurde wie sein damaliger Gerolsteiner-Teamkollege Stefan Schumacher in ersten nachträglichen Untersuchungen im Oktober 2008 der unerlaubte Einsatz des EPO-Mittels CERA nachgewiesen. Nach anfänglichen Leugen gestand der Bergkönig und Gesamtdritte der Frankreich-Rundfahrt 2008 die Einnahme von CERA und legte ein umfassendes Geständnis ab.

Schumacher-Anwalt sieht „Sturm kommen“

Der Schwabe Schumacher leugnet den Medikamentenmissbrauch noch immer, auch wenn sein Anwalt Michael Lehner der Süddeutschen Zeitung vor kurzem sagte: „Da wird ein Sturm kommen.“ Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, was Lehner damit wohl gemeint hat. Während der Tour 2008 flogen bereits der Italiener Riccardo Ricco und der Italiener Leonardo Piepoli (damals beide Saunier Duval) wegen selben Deliktes auf.

Warum es den potentiellen Betrügern erst knapp 14 Monate nach Ende der Tour 2008 an den Kragen gehen könnte erscheint plausibel: Das wissenschaftliche Verfahren, mit dem die Einnahme von CERA nachgewiesen werden kann, war während der „Großen Schleife“ 2008 von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA noch nicht offiziell freigegeben. Viele der Tour-Fahrer wähnten sich dadurch wohl lange Zeit in Sicherheit und dopten fleißig weiter. Nun könnte ein nachträgliches Aufräumen stattfinden, ein Aufräumen, dass dem Radsport wohl den endgültigen „Knock-Out“ verpassen könnte.

Prominente Namen auf der  Liste

Wie der Kurier weiter berichtet, befinden sich viele bekannte Namen aus dem Tour-Peleton auf der Liste. So nennt das Blatt unter anderem die Namen vom frischgebackenen Zeitfahrweltmeister Fabio Cancellara aus der Schweiz, die der Luxemburger Kim Kirchen und Fränk Schleck, des Slowenen Tadej Valjavec sowie des Australiers Stuart O’Grady. Die belgische Tageszeitung Le Soir hatte bereits im Herbst des Vorjahres unter Berufung auf „seriöse Quellen“ gemeldet, dass auch Gesamtsieger Carlos Sastre aus Spanien nicht nur mit Wasser und Müsli den Tour-Thron erklommen haben soll.

„Saubere“ Tour 2009 nur auf dem Papier?

Wohl nur Illusionisten befinden sich noch immer in dem Glauben, dass Kohl, Schumacher, Ricco, Piepoli und Co. die einizigen schwarzen Scharfe im bunten Tour-Peleton waren. Übrigens genauso wenig wie der Glaube, die Tour 2009 sei eine saubere Tour gewesen, da bis jetzt keinem Fahrer der unerlaubte Einsatz irgendwelcher Medikamente nachgewiesen werden konnte.

Die Dopingkontrollen der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt lagen in Händen des Weltverbandes UCI, der  man nicht unbedingt eine strikte Haltung im Anti-Doping-Kampf nachsagen kann. Zumindest verkaufen kann man die 96. Tour (bis zum heutigen Zeitpunkt zumindest) als eine saubere Tour – gut für den Tour-Veranstalter ASO und die UCI – doch auch gut für die Glaubwürdigkeit des Radsports?  Es wird auf alle Fälle ein stürmischer Herbst für den Radsport.

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