Armstrong gesteht jahrelanges Doping: „Wie Reifen aufpumpen“

Nun ist es offiziell: Lance Armstrong hat zugegeben, bei all seinen sieben Tour-de-France-Siege gedopt gewesen zu sein.

Der 41 Jahre alte Texaner gestand in dem in der Nacht zum Freitag ausgestrahlten Interview mit der renommierten TV-Moderatorin Oprah Winfrey, jahrelang mit EPO, Eigenblut, Kortison und Wachstumshormonen seine Leistung manipuliert zu haben.

„In dieser Generation war es nicht möglich die Tour de France ohne Doping zu gewinnen“, sagte Armstrong. Damit beendete Armstrong ein mehr als 13-jähriges Leugnen. „Gewinnen war für mich so wichtig, Doping war für mich dabei Teil des Jobs – das war wie Reifen aufpumpen und die Wasserflaschen auffüllen“, beschrieb Armstrong die Selbstverständlichkeit mit unerlaubten Substanzen und Methoden.

Beim Comeback „clean“ gewesen

„Ich betrachte das als eine große Lüge, die ich sehr häufig wiederholt habe“, offenbarte der eins vom Krebs geheilte US-Amerikaner. Zuletzt sei er im Jahr 2005 unter dem Einsatz leistungssteigernder Mittel unterwegs gewesen. In den Jahren 2009, als er nach seinem Comeback noch einmal Dritter bei der Frankreich-Rundfahrt wurde, und 2010, als er als 23. in Paris über den Zielstrich rollte, sei er aber „clean“ gewesen, sagte der Texaner weiter. Die Kontrollen seien zu diesem Zeitpunkt bereits wesentlich effektiver gewesen.

„Professionelles System“

„Es war auf jeden Fall professionell und klug. Aber auch sehr konservativ und risikoscheu“, beschrieb Armstrong sein Dopingsystem, das die US-Anti-Doping-Agentur (USADA) im Oktober vergangen Jahres durch ihren mehr als 1.000-seitigen Ermittlungsbericht offen legte. „Ich hatte keinen Zugang zu irgendwelchen Mitteln, zu denen andere keinen Zugang hatten“, erklärte Armstrong weiter. Auf die Frage, ob alle Fahrer bei der Tour gedopt gewesen waren meinte er: „Ich kannte ja nicht jeden, kann das also nicht so sagen.“

UCI kommt ungeschoren davon

Ein Rundumschlag gegen Funktionäre blieb vorerst jedoch aus. Einen durch die UCI bei der Tour de Suisse verschleierten Dopingtest stritt Armstrong ab: „Die Geschichte ist nicht wahr. Es gab keine positive Probe, keine Bestechung des Labors, kein geheimes Meeting mit dem UCI-Chef.“ Es sei „kein Freund des Weltverbandes“ erklärte Armstrong. „Ich würde sie sogar gerne als Gauner enttarnen, aber dieser Vorwurf ist nicht wahr.“

„Ferrari ist ein guter Kerl“

Mit „Nein“ beantwortet Armstrong zudem die Frage, ob sein früherer Arzt Michele Ferrari zentraler Teil seines Dopingsystems gewesen sei. „Er ist ein guter Kerl, das glaube ich immer noch“, meinte Armstrong, fügte jedoch vielsagend an: „Ich will nicht über andere Menschen reden, das ist schon alles bekannt.“

Keinen Druck auf Kollegen ausgeübt

Auch den Vorwurf, er habe auf ehemalige Teamkollegen Druck ausgeübt, sich ebenfalls unerlaubter Mittel zu bedienen, stritt. „Die Behauptung, dass ich jemanden gedrängt, gezwungen oder ermutigt habe, ist nicht wahr. Ich bin der Letzte, der andere als Lügner darstellen darf, aber das ist nicht wahr“, meinte der Texaner. „Ich habe die Doping-Kultur des Radsports nicht erfunden, aber auch nicht versucht, sie zu beenden. Der Sport zahlt jetzt den Preis dafür.“

Landis-SMS als Wendepunkt

Ein Wendepunkt sei im Jahr 2010 das Geständnis seines ehemaligen Teamkollegens Floyd Landis gewesen, ab dann habe auch Armstrong „großen Druck gespürt“. Zu seiner Reaktion auf den USADA-Bericht meinte er: „Meine Reaktion auf die USADA-Untersuchungen war dann wieder, Attacke!. Und das war völlig falsch von mir. Ich hätte einfach alles zugeben sollen, das wäre besser gewesen.“

„Heute würde ich meine Familie, meine Mutter, meine Sponsoren anrufen, sie informieren und dann alles gestehen. Ich wünschte, ich könnte das heute machen, die Uhr zurückdrehen, aber ich kann es nicht mehr, es ist zu spät“, sagte Armstrong.

Zusammenarbeit mit USADA möglich

Für weitere Aufklärungsarbeit mit der USADA sei Armstrong bereit: „Ich liebe Radsport, ich habe die Regeln missachtet. Heute habe ich nicht das Recht zu sagen, ich bereinige jetzt den Sport. Wenn ich das Recht bekommen sollte und das machen darf, bin ich der Erste, der dazu bereit ist.“ Bereits vor der Ausstrahlung des Interviews forderte die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) Armstrong auf, ein umfassendes Geständnis unter Eid abzulegen.

Zweiter Teil in der Nacht zum Samstag

Das Interview mit US-Talk-Queen Winfrey war am Montag in einem Hotel in Armstrongs Heimatstadt Austin im US-Bundesstaat Texas aufgezeichnet worden. Da das Gespräch statt der vereinbarten eineinhalb Stunden fast doppelt so lange gedauert, wird die zweite Etappe in der Nacht zum Samstag ausgestrahlt werden.

Foto: Jeff Namba

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