Roger Kluges Tour-Tagebuch: Immer im Bilde und Heino ideal abgeliefert
So spät war es gestern doch nicht. Wir waren 20 Uhr im Hotel. Aber zwischen Massage, Essen und ins Bett gehen war dann doch keine halbe Stunde mehr, um noch einen Bericht zu schreiben.
So lange brauche ich meistens immer. Wir ihr sicher gesehen habt, war es eine mega spannende Etappe, wo wir immer gut im Bilde waren. Martin floh bei Kilometer Null und es konnte ihm nur einer folgen. Im Feld übernahmen die Sprinterteams die Kontrolle und wir konnten erst mal mitrollen.
Ich allerdings nicht ganz so, wie ich gehofft hatte, um die Beine ein wenig lockerer zu fahren nach den Bergetappen. Ich hatte nämlich mit Sitzproblemen zu kämpfen, und musste quasi alle ein bis zwei Minuten aus dem Sattel gehen. Das ist natürlich alles andere als entspannt für die Beinmuskulatur. Und auch allgemein habe ich mich einfach wohl gefühlt. Zwei Stunde habe ich mir das angetan, dann bin ich letztendlich doch zum Renn-Arzt gegangen und habe um Rat gefragt. Er gab mir ein Creme, die mein Sitzbereich ein wenig betäubte. Danach war es um ein Vielfaches besser!
Nach Halbzeit der Etappe wurde es wieder schneller und nervöser im Feld, da wir in ein sehr stürmisches Gebiet gekommen sind und jeder im Feld eine Windkante fürchtet. Es wurde verdammt schnell gefahren, aber am Ende passierte doch nix, außer das hinten ein paar Fahrer den Anschluss verloren hatten. Kaum wurde es wieder etwas ruhiger, fing es langsam an zu regnen. Dadurch wollte natürlich wieder jeder vorne fahren, um eventuellen Stürzen zu entgehen. Es hat richtig geschüttet! Das Wasser stand teilweise bis zu fünf Zentimeter auf der Straße und man hat kaum noch etwas gesehen. Das war echt gefährlich.
Aber wir sind alle Profis und so blieb doch jeder auf dem Rad, soweit ich weiß. Es hörte zwar wieder auf zu regnen, aber bis zum Ziel waren die Straßen immer noch feucht und rutschig. Dieses Mal hat es erstmalig gut geklappt, dass Reto und ich für Heino rechtzeitig da waren und ihn immer in vorderer Position halten konnte. Denn mit all den Kreisverkehren auf den letzten zehn Kilometer, war das extrem wichtig. Durch den Ziehharmonika-Effekt muss man hinten immer schneller fahren als vorne, was natürlich eine Menge Kraft kostet, wenn man nach den Kreiseln beschleunigen muss, um Postionen gutzumachen.
Reto war bis cirka fünf Kilometer vor dem Ziel noch bei uns und ich konnte Heino bei zwei Kilometern zu fahren in den Top-10 an Sagans Hinterrad abliefern. Den Rest musste er dann leider alleine machen. Aber das tat er ausgezeichnet und wurde schließlich hinter Etappensieger Kristoff sehr guter Zweiter. Allerdings lag das Spitzenduo bis 400 Meter vor Ziel auch noch auf Siegeskurs.
Martin ist wieder mega stark gefahren. Er attackierte seinen Wegbegleiter auf den letzten 500 Meter, aber er konnte mit 200 Meter zu fahren noch einmal kontern. 50 Meter vor dem Ziel wurde er dann von der heranrasenden Meute abgefangen. Das war sehr bitter für Beide. 221 Kilometer auf der Flucht und am Ende fehlen ein paar Meter, ein paar Sekunden. Alles in allem war das aber ein großartiger Tag!
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Zum zweiten Mal nach 2010 (damals Team Milram) nimmt Roger Kluge an einer Tour de France teil. In seinem Tour-Tagebuch berichtet der 28 Jahre alte Eisenhüttenstädter von seinen Erlebnissen von der 101. Frankreich-Rundfahrt, die er im Trikot der schweizerischen IAM-Equipe bestreitet.
Webseite Roger Kluge: http://rogerkluge.com
Foto: SilkeOnTour / flickr
Webseite Roger Kluge: http://rogerkluge.com
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